Unser Mountainbike-Fachübungsleiter Joachim Vogel hatte für den 23./24.06.2012 eine etwas längere Radtour geplant. Hier der (Überlebens-) Bericht.
Zu Mittsommer findet in Norwegen die STYRKEPROVEN, einer der längsten und traditionsreichsten Radmarathons Europas statt. Die Ursprünge gehen auf die Militärs zurück, die im ersten Weltkrieg Informationen und Post per Rad (ohne Carbon, ohne Schaltung, dafür mit komplettem Marschgepäck) recht mühevoll auf dieser Strecke transportiert haben. 2012 war bereits die 43. Ausgabe und es soll tatsächlich Leute geben, die 40. Mal dabei waren - Respekt! Und ein paar Militärs in Uniform auf Drahteseln sind auch jedes Jahr dabei, die sich neben der Ehre auch einen Tag Sonderurlaub verdienen.
Start ist am Dom von Trondheim und die Strecke folgt oft der E6-Bundesstraße, die vom Nordkap kommend bis nach Oslo führt. Wer nähere Info’s zur Strecke und zum Höhenprofil sucht: www.styrkeproven.no. Mit guten 3.250 Hm auf 542 km Strecke erschließt sich auch der Name Styrkeproven, was zu Deutsch die „Kraftprobe“ bedeutet. Für die Norweger ist es ein Volksfest und der Höhepunkt der kurzen Radsaison. Die Konkurrenz ist enorm stark, da halb Norwegen auf dem Rennrad für den nächsten Winter trainiert. So treten komplette Langlauf-Teams an, die offensichtlich nicht nur schnell langlaufen können, sondern auch ordentlich Druck auf dem Pedal haben….
Hinter Trondheim geht es erst einmal wellig dahin, die erste Verpflegungsstelle nach 60 km habe ich angesichts des angenehm sonnig-kühlen Wetters gleich mal ausgelassen. Da sich zu Beginn recht große Gruppen bilden, die sich dann mit Begleitfahrzeugen und dem normalen Straßenverkehr knuddeln, sind die ersten 100 km nicht ganz ungefährlich. Unglaublich, wie viele Gestürzte am Straßenrand saßen oder lagen… und auch aus unserer zusammengewürfelten Gruppe hat es einen Teilnehmer ordentlich verspult. Hinterher habe ich gehört, dass er eine gebrochene Schulter hat, es ihm aber ansonsten gut geht und er mit dem Taxi zum Ziel kommt.
Nach der Verpflegung bei 100 km sind die Gruppen dann entzerrt und es fährt sich entspannter. Die Strecke zieht sich über gute 60 km wellig und in Stufen bergauf, bis man bei 160 km ein auf etwa 1.100 m gelegenes Hochplateau erreicht bzw. eine Gebirgskette quert. Leider hatten wir im Anstieg keine schnelle Gruppe erwischt, so dass wir für gute 110 km nur zu viert gegen den mit 36 km/h (!) von vorne blasenden Wind kämpfen mussten. Jetzt wissen wir auch, warum die Norweger alle paar Kilometer Windmesser am Straßenrand montiert haben… da oben bläst es mächtig. 
Besser wurde es mit dem Wind erst, als wir bei 245 km wieder im Tal unten waren. Dort wartete unser Begleitfahrzeug auf uns und bei der einzig längeren Pause gab es „All-you-can-eat-in-5-min-Nudeln“ und warme Klamotten für die kommende Nacht. Von 290 km bis zur Verpflegung bei 350 km in Lillehammer hat es dann – wie vorhergesagt – bei 8°C kräftig geschüttet. Ebenso noch mal die letzten 40 km ins Ziel. Bei 480 km habe ich mich noch recht frisch gefühlt, eine schnelle Gruppe war wieder nicht in Sicht, so dass ich die letzten welligen und pitschnassen 62 km im „Einzelzeitfahrmodus“ in exakt 2:00 h, also mit 31er-Schnitt absolviert habe.
Obwohl es mir nicht mehr ganz unter die magische 20 h-Marke gereicht hat, sind die 20:38 h angesichts meiner bescheiden gesteckten Ziele „1. lebend Ankommen“ , „2. wenn möglich unter 24 h“ und „3. Unter 22 h wäre super“ im Nachinein betrachtet eine richtig gute Zeit – besonders wenn alte Hasen sagen, dass es noch ganz selten so hart war wie in diesem Jahr und man bei guten Bedingungen und in schnellen Gruppen locker 1,5 h schneller fahren kann.
Inzwischen habe ich die offiziellen Zeiten runtergeladen und auch meinen Pulsmesser ausgelesen. Hier das Ergebnis in Zahlen:
Start Trondheim: 23.06.20.12; 8:09
Strecke: 542 km
Höhendifferenz: 3.250 Hm
Ziel in Oslo: 24.04.2012; 4:47
Gesamtzeit: 20:38 h
Gesamtschnitt: 26,26 km/h
Pausen insgesamt: 01:22 h
Netto-Fahrzeit: 19:16 h
Netto-Schnitt: 28,13 km/h
Platzierung: 846 von 2.580
Kalorienverbrauch: 12.150 kcal