In der DAV Bezirksgruppe Kreis Böblingen gibt es seit einigen Jahren eine Gruppe Mountainbike Enthusiasten, die unter der Leitung von Joachim Vogel, DAV Fachübungsleiter Mountainbike, gemeinsam Touren fährt. Unter anderem steht jedes Jahr ein Mittelgebirge auf dem Programm: Schwarzwald (2009, Westweg), Pfälzer Wald (2010), Schwäbische Alb (2011), und 2012 nun die Vogesen. Hier der Bericht...
Bislang kannte ich die Vogesen nur vom Wandern. Ein Mittelgebirge, welches Elsass von Lothringen trennt. Es bietet wunderbare, unberührte Natur, eine vielfältige Landschaft mit schroffen Felsen, Kastanien- und Buchenwäldern und Almwiesen. Schmale, z.T. felsige Wanderwege (im Mountainbike-Jargon „Single Trails“) anstatt großer „Forstautobahnen“. Das diesjährige Ziel hörte sich schon einmal vielversprechend an.
Natürlich gibt es auch in den Vogesen Touristenmagnete, wie das Kloster Odilienberg oder die Haut-Koenigsbourg. Aber bereits nach zwei Kehren hat man den Weg wieder für sich alleine, häufig sogar für Stunden.
Auf über 400km Länge durchquert eine ausgeschilderte Mountainbike Route von Nord nach Süd die Vogesen. Etwas zu lang für eine 4-Tagestour, daher haben wir den südlichen Teil der Strecke gewählt.
Donnerstag, 16.5.2012, Himmelfahrt: Treffpunkt ist ein Parkplatz in Obernai, einem kleinen Weindorf im Elsass, am Fuße der Vogesen kurz hinter Strassbourg. Herrlicher Sonnenschein und angenehme Temperaturen versprechen einen guten Start in die Tour. Auch die Tatsache, dass es erst einmal ohne nennenswerte Steigungen gemächlich durch Weinberge geht, ist nicht verkehrt. Doch ein Blick nach vorne zeigt schon, was demnächst ansteht: Der Odilienberg mit dem gleichnamigen Kloster (Mont St. Odile) zeigt sich 600m oberhalb von Obernai. Schluss mit gemütlichem Einradeln...
Das Odilienkloster auf dem “heiligen Berg” des Elsass ist ein berühmter Wallfahrtsort – was man sofort an gut gefüllten Parkplätzen erkennt. Nach einer kurzen Besichtigung geht es dann weiter, entlang der Heidenmauer (einem 10km langen prähistorischen Ringwall) und ‘rein in die “Single Trail” Welt der Vogesen. Ein ständiges Auf- und Ab, kleine, kurvige Pfade durch Buchenwälder, Sandsteinfelsen links und rechts des Weges (und gelegentlich auch mal auf dem Weg…) – ein Traum für Mountainbiker!
Der erste Tag endet dann wieder in der Ebene des Elsass, im Dorf Châtenois. Dort wartet nach 50 Tageskilometern ein kleines Hotel mit hervorragender Elsässer Küche und bequemen Betten auf uns – so kann es gerne weitergehen!
Die nächste Touristenattraktion der Vogesen liegt am Freitag auf unserem Weg: die Haut-Koenigsbourg. Eine imposante Burganlage mit großartigen Blicken über die Rheinebene – die allerdings auch viele andere Besucher anzieht. Nach kurzer Rast kehren wir dem Trubel aus Menschen und Reisebussen den Rücken und verziehen uns wieder in die ruhigeren Regionen, die nicht per Bus zu erreichen sind. Ein kurzer Blick auf das Höhenprofil: von Chatenois (ca. 200m) über Haut-Koenigsbourg (ca 700m) geht es heute noch bis zum Col du Bonhomme (ca. 1100m) – da kommen die untrainierten Waden doch noch voll auf ihre Kosten.
Ausgeruht geht es am Samstag direkt hinter dem Hotel erst einmal steil den Berg hinauf – wo ist denn das gemächliche Einradeln am Morgen geblieben? Dafür wartet dann ein Schmankerl auf uns: mitten im Wald treffen wir auf die sechs Downhill-Pisten eines Bike-Parks. Ein Teil der Gruppe probiert sich dann auch gleich als Downhill-Fahrer: mit gefühlten 50km/h geht’s die leichte Piste hinunter – um dann von Rennfahrern mit Ganzkörperrüstung überholt zu werden. Na ja, vielleicht doch nichts für mich. Die böse Überraschung wartet ohnehin am Ende der coolen Abfahrt: der Liftbetreiber verkauft keine Einzelfahrscheine, sodass wir die ganzen Höhenmeter mühselig wieder hochfahren müssen.
Die restliche Strecke führt über zum Teil steinige, verblockte Wege. Hier ist alles geboten von technisch anspruchsvollen Wegstücken bis hin zu Trage- und Schiebepassagen.
Vorbei an mehreren Karseen, die wohl der Einfachheit halber nach ihrer Wasserfarbe benannt wurden (Lac Blanc, Lac Vert, Lac Noir), unterbrochen von einer deftigen Mahlzeit in einer landestypischen Ferme-Auberge, geht es zum Ende des Tages nochmals steil den Berg hinauf – über 600 Hm bis wir das Etappenziel, den höchstgelegenen Gasthof der Vogesen, auf dem Gipfel des Hohneck erreicht haben.
Den (zumindest in Metern gemessenen) Höhepunkt der Tour gibt es dann am Abschlusstag: Grand Ballon (Großer Belchen), mit 1424m der höchste Berg der Vogesen – futuristisch anmutende Radaranlage, Kriegerdenkmal und knapp unterhalb des Gipfels diverse Gasthöfe mit Flammkuchen.
Auf dem Weg dorthin zeigen die Vogesen wiederum ein anderes Gesicht: nach schattigen Buchenwäldern und felsigen Bergpfaden geht es von Le Hohneck bis zum Grand Ballon über endlose Hochplateaus, überwiegend nur mit Gras bewachsen aber mit phantastischen Ausblicken.
Aber auch die Hochwiesen des Hohneck haben es in sich: das ein oder andere Hindernis liegt doch noch im Weg...
Der fahrtechnische Höhepunkt – zumindest für mich – kommt dann ganz am Ende der Tour: über schmale Waldpfade mehr als 1200 Hm Abfahrt vom Grand Ballon in die Rheinebene nach Mulhouse– wer eine Definition von „flowig“ sucht kann sie hier erleben. Bis auf einen unmotiviert im Weg hängenden Zweig gibt es nichts was das Fahrerlebnis trübt – na ja, vielleicht allenfalls die Krämpfe in der Bremshand...
Fazit: Fahrspaß, großartige und abwechslungsreiche Natur – die Vogesen sind sowohl für Wanderer als auch Mountainbiker ein absolut lohnendes Ziel!